Die Läufer von San Marco (AT)

  • Jahr: 2022
  • Genre: Dokumentation
  • Länge: n.n.
  • Kunde: Eigenproduktion
Vorschaubild für Die Läufer von San Marco (AT)

Regie: María Cristina Rosales, Jan Andreas Enste
Kamera: Jan Andreas Enste
Kameraassistenz u. Ton: Gunar Peters
Montage: Lejla Aliev
Drehzeitraum: 2005 - 2012
Drehorte: Deutschland, Italien, Portugal, Spanien
geplante Länge: 120 min

Der Film befindet sich in der Postproduktion
Inhalt:

Ein kleines italienisches Restaurant im Herzen von Münster. Hier arbeiten Vito, Leo, Antonio und Achmed, Gina und Corrado. Sechs Menschen und ihre Geschichten. Geschichten von erfüllten und verlorenen Träumen. Von der Existenzgründung in Deutschland, der gefundenen Familie, der zerbrochenen Familie. Von der großen sportlichen Karriere zur schweren Arbeit als Kellner.

Die Arbeit bringt diese Menschen zusammen und manchmal auch auseinander. Denn die Arbeit in der Gastronomie ist hart. Sie bestimmt das Leben der Protagonisten. Viel Freizeit bleibt bei 10 bis 12 Stunden täglich im Restaurant nicht übrig. San Marco hat geöffnet, bis der letzte Gast zufrieden ist.
Darauf legt Vito Wert. Der Gast muss mit aller Sorgfalt bedient werden. Im Ristorante San Marco herrscht eine entspannte, fröhliche und dadurch, dass der Chef selbst bedient, auch eine ganz persönliche Atmosphäre. Das Essen ist immer frisch und mit Sorgfalt zubereitet. Die Bedienung ist immer korrekt und freundlich. Vito ist hier der Chef. Er machte sich vor über dreißig Jahren mit seiner kleinen Pizzeria selbstständig. Damit eröffnete er als einer der ersten ein italienisches Restaurant in Münster. Fast jeder Betreiber irgendeiner italienischen Gaststätte dieser Stadt hat einmal bei Vito angefangen zu arbeiten. Noch heute besuchen ihn seine ehemaligen Mitarbeiter, um einen Espresso bei ihm zu trinken und dabei ihre Meinung über dies und das loszuwerden.
Noch etwas haben unsere Protagonisten von San Marco gemeinsam. Fünf von Ihnen sind Einwanderer in Deutschland, einer ist hier mit den italienischen Wurzeln seines Vaters geboren.
Alle haben ihre Erfahrungen mit dem Verlust der Heimat und dem Aufbruch in die Fremde, den Schwierigkeiten in Deutschland Fuss zu fassen und hier nach über 30 Jahren für einige immer noch als Ausländer zu gelten.
Und doch sehen sie Deutschland als ihre heutige Heimat an.

Und Corrado? Corrado ist der Pizzabäcker von San Marco. Sein Brotteig ist ein wohl behütetes Geheimnis. Auf das Gramm genau misst er den Teig ab, bevor er voller Konzentration und Hingabe Brote formt und Pizzas backt. Corrado gehört zur zweiten Generation der italienischen Einwanderer. Sein Vater kam von Sardinien nach Deutschland und lernte hier seine Mutter kennen. Zwischen den Welten hat er keine einfache Kindheit gehabt. Corrado ist sehr eigenwillig und manchmal nicht sehr zuverlässig. Wenn er keine Lust zu arbeiten hat, kommt er einfach nicht, obwohl Vito auf Pünktlichkeit und Fleiß großen Wert legt. Corrado liebt das Landleben. Gerne verbringt er auf dem Bauernhof der Eltern seiner Freundin seine Freizeit mit Schafen, Hühnern und dem alten Hofhund.

Am schwierigsten mit der zweiten Heimat hat es Achmed. Achmed wird von allen einfach Mario genannt. Auch Achmed arbeitet schon seit über zehn Jahren für Vito in der Küche. Begonnen hat er als Tellerwäscher, nachdem er aus seiner Heimat Pakistan wegen Verfolgung fliehen musste. Heute ist er neben Gina Koch von San Marco. Die italienische Küche hat er von Vito gelernt. Achmed arbeitet was das Zeug hält. Denn er muss für seine Familie und seine Kinder sorgen, die alle in Pakistan zurückbleiben mussten. Daher hat er gleich zwei Jobs. Bevor er in der Küche anfängt zu arbeiten, bindet er in aller Frühe Blumen in einer Gärtnerei. Zeit zum Schlafen bleibt da wenig, gerade wenn der Arbeitstag in San Marco bis spät in die Nacht geht.
Achmed möchte am liebsten seine Familie nach Deutschland holen. Münster ist für ihn zur Heimat geworden. Doch auf einmal machen die Behörden ihm zunehmend Probleme. Nach zehn Jahren soll Achmed Deutschland verlassen, obwohl ihm in Pakistan immer noch Verfolgung droht. Die Behörden drohen ihm mit dem Entzug seiner Arbeitserlaubnis.

Gina ist die einzige Frau, die in San Marco arbeitet. Auch sie kocht seit über zehn Jahren für Vito in der Küche. Spaß macht ihr das nicht mehr so viel wie vor Jahren, sie ist die Dienstälteste in San Marco. Die Knochen schmerzen schon öfters. Doch Geld muss sie ja verdienen. Ihr Sohn, der in Portugal fern von der Mutter aufgewachsen ist und dort lebt, musste versorgt werden.
In zwei, drei Jahren, wenn Gina in Rente geht, will sie zurück nach Portugal. Dort hat sie inzwischen alles für ihre Rückkehr vorbereitet. Sie will nicht mit leeren Händen erscheinen, sondern als gemachte Frau. Ein Haus hat sie gebaut, ein Auto soll noch dazu kommen. Ihre deutsche Geschichte braucht dann niemand zu erfahren. Von der vielen Arbeit, dem kleinen Zimmer in dem sie wohnt und das enthaltsame Leben, das sie führt, um alles Geld für ihren letzten Lebensabschnitt zu sparen. Sie hofft, in ihr altes portugiesisches Leben zurückzukehren. Anknüpfen an die goldenen Zeiten, als sie Model für internationale Kosmetikmarken war und als Miss Portugal antrat.

Als Kellner laufen Vito, Leo und Antonio mehrere Kilometer am Tag. Und auch in ihrer Freizeit spielt das Laufen eine große Rolle. Antonio ist ehemaliger Jugend-Europameister im 8 km Cross-Laufen. Er kam vor 17 Jahren von seiner Heimat Portugal nach Deutschland, um hier seine Sportlerkarriere zu starten.
Er begann für einen münsteraner Verein zu laufen. Als er immer erfolgreicher wurde und ein renommierter Sportclub ihm ein Angebot machte, wollte der münsteraner Verein seinen 5-Jahres Vertrag nicht auflösen. Aus lauter Frust hörte Antonio auf zu laufen und begann später für Vito als Kellner zu arbeiten.
Jetzt erst nach zehn Jahren Arbeit in San Marco haben ihn Vito und Leo dazu überredet, wieder in die Sportschuhe zu steigen. Zusammen mit Leo will Antonio nun 42 km Marathon laufen.
Leo wollte nur für kurze Zeit nach Deutschland kommen. Sein Vater war als sogenannter Gastarbeiter eine Zeit in Deutschland, kehrte aber nach Italien zurück. Als Leo mit Freunden zum Urlaub hierhin kam, fand er seine große Liebe, heiratete und blieb. Heute ist er Vater von zwei Mädchen. Für die Familie ist die Zeit immer knapp. Auch weil Leo viel für den Marathon trainiert. So nimmt er seine Töchter gerne zum Training mit. Sie fahren Fahrrad während Leo läuft.

Auch Vito läuft zwischendurch, wenn es die Arbeit zulässt, um sich fit zu halten.
Einmal in der Woche spielt er Fussball und einmal Tennis. Sonst ist San Marco sein Zuhause, hier hat er seine eigentliche Familie. Denn seine drei Kinder, alle hier geboren, sind inzwischen erwachsen und gehen ihre Wege. Vito möchte nicht, dass sie in der Gastronomie arbeiten. Er weiß, wie hart diese Arbeit ist.
Als Chef seines Ristorante San Marco gönnt er sich selten eine Pause, geschweige denn Urlaub. Sein Einsatz erwartet er auch von den Mitarbeitern. Vito zeigt keine Schwächen, auch wenn er müde aussieht.
Vito’s Motto lautet: „Ein Lächen ist immer umsonst“.